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Welche Rolle spielen Sexualität und Gewalt?

Nach der Definition der Cape Town Principles werden weibliche Kindersoldatinnen nicht als getrennte Gruppe bezeichnet, sondern in die allgemeine Gruppe aller Kindersoldat*innen eingereiht. Dies schließt Mädchen ein, die für sexuelle Zwecke rekrutiert und zwangsverheiratet werden. In der Tat nehmen Kindersoldatinnen in ihrer bewaffneten Gruppe oftmals die Rolle als passives Sexualobjekt oder Trophäe ein, das/die zwischen den Kommandeuren und älteren Kindersoldaten herumgereicht wird oder nächtelang für diese durchtanzen muss, wie beispielsweise Erfahrungsberichte aus Kolumbien und Angola zeigen. In anderen Ländern, unter anderem in den Philippinen, ist hingegen sexueller Kontakt strikt verboten.

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In Spielfilmen wird diese Problematik allerdings übertönt und verzerrt abgebildet, zum Beispiel in Form von Gruppenvergewaltigungen von sehr jungen männlichen Kindersoldaten an weiblichen Gruppenmitgliedern oder erwachsenen Frauen - wie im Film Johnny Mad Dog. Auf diese Weise wird sexualisierte Gewalt als Norm suggeriert und andere Erfahrungen der Kindersoldatinnen in den Hintergrund gedrängt.

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Ferner ist in der filmischen Darstellung von Kindersoldatinnen ein postkolonialer Ansatz erkennbar. Mädchen und junge Frauen in einem nicht-westlichen Kontext werden oftmals als homogene Gruppe und stärker sexualisiert charakterisiert als Kindersoldatinnen im Globalen Norden.

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Johnny Mad Dog (SAUVAIRE 2008: 58:50)

So ist es beispielsweise üblich, Kindersoldatinnen in afrikanischen Ländern als Sexsklavinnen oder „Bush Wives", also als seelenlose Ehefrauen der Kommandeure, abzubilden, ohne über ihre Motivationen für eine (freiwillige) Rekrutierung zu berichten.


Als Beispiel kann der Film Rebelle herangezogen werden. Er zeigt Momente des Missbrauchs, jedoch in einer differenzierten Weise. Während die Kindersoldatin Komona in einer Szene als ‚Sexobjekt’ des Kommandanten dargestellt wird, zeigt sie keine Passivität, sondern Agency: Sie steckt sich einen Gegenstand in ihre Vagina, was ihn beim Versuch der Vergewaltigung verletzt, woraufhin sie fliehen kann. Im Laufe des Films wird auch eine Liebesgeschichte zwischen ihr und einem anderen Kindersoldaten namens Magicien verfolgt, die beide Seiten in einer romantisierten Weise darstellt. Der männliche Charakter wird hierbei jedoch nicht hypermaskulinisiert (mehr dazu im Trailer).

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Die Liebesbeziehung zu Magicien und die daraus resultierende Schwangerschaft ist auch einer der Beweggründe für Komona, der bewaffneten Gruppe rund um Kommandeur Tigre Royal zu entfliehen.

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Rebelle (NGUYEN 2012: 50:33)

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Rebelle (NGUYEN 2012: 01:17:32)

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Seltener wird sexualisierte Gewalt an Kindersoldat*innen im Film anhand von männlichen Protagonisten verdeutlicht, wie beispielsweise im Film Hitlerjunge Salomon. Die erwachsene, weibliche Kommandeurin beginnt ihren Flirt mit dem Kindersoldaten mit der Aussage: „Wie schön du bist.” Anschließend küsst sie ihn auf die Stirn, entkleidet sich und schläft mit dem Jungen. Obwohl sich der Angehörige der Hitlerjugend gegen die Avancen nicht wehrt, begeht die Kommandeurin trotzdem eine Straftat, da sie einen Minderjährigen zu sexuellen Handlungen verführt.

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In keinem anderen der analysierten Filme werden männliche Kindersoldaten explizit in der Rolle des passiven Opfers sexualisierter Gewalt dargestellt.

Hitlerjunge Salomon (Holland 1991: 55:09)

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